Nachhaltigkeitspräferenzen in der Anlageberatung

  • Präambel

    Der europäische Aktionsplan für ein nachhaltiges Finanzsystem sieht vor, dass die europäische Finanzindustrie bei der Konzeption und dem Vertrieb von Finanzprodukten ökologische (Environment), soziale (Social) und verantwortungsvolle Unternehmensführungs-(Governance) Kriterien zu berücksichtigen hat (sogenannte ESG-Kriterien). Anleger erhalten dadurch die Möglichkeit, nachhaltige Geldanlagen zu tätigen, indem ihnen transparent dargelegt wird, wie sich veranlagte Gelder auf die Umwelt und die Gesellschaft auswirken.  

    Übersicht: ESG Kriterien

  • Um einen einheitlichen Standard zu schaffen, was als „nachhaltige Geldanlage“ gilt, hat der Europäische Gesetzgeber die „Offenlegungs-Verordnung“1) und die „Taxonomie-Verordnung“2) erlassen. Die Offenlegungs-Verordnung definiert nachhaltige Investitionen im Allgemeinen, während die Taxonomie-Verordnung die Offenlegungs-Verordnung bezüglich „ökologisch nachhaltige Investitionen“ konkretisiert.
    In diesem Informationsblatt erhalten Sie Informationen zu den unterschiedlichen, rechtlichen Bedeutungen der Nachhaltigkeit, inwiefern Sie Nachhaltigkeitskriterien bei Ihrer Investition berücksichtigen können und woran Sie erkennen können, in welchen Ausmaß Ihre Investition nachhaltig ist.

  • 1) Verordnung (EU) 2019/2088 vom 27. November 2019 über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor.
    2) Verordnung (EU) 2020/852 vom 18. Juni 2020 über die Einrichtung eines Rahmens zur Erleichterung nachhaltiger Investitionen und zur Änderung der Verordnung (EU) 2019/2088.

1. Was gilt als „nachhaltige“ Investition?


  • Die Offenlegungs-Verordnung orientiert sich an den zuvor genannten ESG-Kriterien und legt fest, dass eine Investition dann als nachhaltig gilt, wenn:
    E die Investition zur Erreichung eines Umweltziels beiträgt (siehe hierzu Punkt 2. zu „ökologisch nachhaltigen“ Investitionen) oder

    S die Investition zur Erreichung eines sozialen Ziels beiträgt, insbesondere eine Investition, die zur Bekämpfung von Ungleichheiten beiträgt oder den sozialen Zusammenhalt, die soziale Integration und die Arbeitsbeziehungen fördert oder eine Investition in Humankapital oder zugunsten wirtschaftlich oder sozial benachteiligter Bevölkerungsgruppen und die Investition kein Umweltziel oder soziales Ziel erheblich beeinträchtigt und

    G die Unternehmen, in die investiert wird, Verfahrensweisen einer guten bzw. verantwortungsvollen Unternehmensführung anwenden, insbesondere bei soliden Managementstrukturen, den Beziehungen zu den Arbeitnehmern, der Vergütung von Mitarbeitern sowie der Einhaltung der Steuervorschriften.

 

2. Was gilt als „ökologisch nachhaltige“ Investition?


  • Nach der Taxonomie-Verordnung gilt eine Investition in eine wirtschaftliche Tätigkeit dann als „ökologisch nachhaltig“, wenn

    • die wirtschaftliche Tätigkeit zumindest einem Umweltziel dient und einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung dieses Ziels leistet,
    • die wirtschaftliche Tätigkeit nicht gleichzeitig zu einer erheblichen Beeinträchtigung eines oder mehrerer Umweltziele führt, die wirtschaftliche Tätigkeit unter Einhaltung des festgelegten Mindestschutzes ausgeübt wird (betrifft Menschen- und Arbeitnehmerrechte, Leitsätze in der Unternehmensführung etc.), sowie
    • dabei die entsprechenden technischen Vorgaben, die an Kennzahlen gemessen werden, eingehalten werden (z.B. Schwellenwerte für Emissionen oder CO2-Fußabdruck).
    Sind diese Punkte erfüllt, handelt es sich um eine „ökologisch nachhaltige“ Investition. Die Taxonomie-Verordnung nennt dabei sechs Umweltziele:


    SECHS UMWELTZIELE


    (1) Klimaschutz:

    Darunter versteht man Beiträge zur Stabilisierung von Treibhausgasemissionen, also eine Vorgehensweise, die den Anstieg der durchschnittlichen Erdtemperatur auf deutlich unter 2 °C zu halten versucht. Da es einige Wirtschaftstätigkeiten gibt, die sich negativ auf die Umwelt auswirken, kann ein wesentlicher Beitrag zu einem Umweltziel auch darin bestehen, solche negativen Auswirkungen zu verringern. Beispiele hierfür sind der Ausbau klimaneutraler Mobilität oder die Erzeugung sauberer Kraftstoffe aus erneuerbaren Quellen.


    (2) Anpassung an den Klimawandel:

    Darunter versteht man Tätigkeiten, welche nachteilige Auswirkungen des derzeitigen oder künftigen Klimas oder die Gefahr nachteiliger Auswirkungen auf die Tätigkeit selbst, Menschen, die Natur oder Vermögenswerte verringern oder vermeiden soll.

    (3) Die nachhaltige Nutzung und der Schutz von Wasser- und Meeresressourcen:

    Hierzu zählt z.B. der Schutz vor den nachteiligen Auswirkungen der Einleitung von städtischem und industriellem Abwasser

    (4) Der Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft:

    Recycling“, aber auch die Verbesserung der Haltbarkeit und Reparaturfähigkeit von Produkten


    (5) Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung:

    z.B. Verbesserung der Luft-, Wasser- oder Bodenqualität in den Gebieten, in denen die Wirtschaftstätigkeit stattfindet, aber auch die Beseitigung von Abfall


    (6) Der Schutz und die Wiederherstellung der Artenvielfalt (Biodiversität) und der Ökosysteme:

    Gemeint sind hier unter anderem nachhaltige Landnutzung und -bewirtschaftung oder die nachhaltige Waldbewirtschaftung.  

    3. Berücksichtigung von ökologischen, sozialen und ethischen Nachhaltigkeitskriterien bei Ihrer Investition


    Im Zuge einer Anlageberatung, Portfolioverwaltung und/oder Vermittlung von Versicherungsanlageprodukten sind wir verpflichtet, zu erheben, ob und inwiefern wir bei der Veranlagung Ihres Kapitals die Nachhaltigkeit von Finanzinstrumenten/Versicherungsanlageprodukten berücksichtigen sollen.

    Bei dieser Erhebung können Sie zunächst folgende Angaben zu Ihrer Nachhaltigkeitspräferenz machen:
    a) Sie präferieren ökologisch nachhaltige Finanzinstrumente im Sinne der Taxonomie-Verordnung (siehe Punkt 2.) b) Sie präferieren (insbesondere sozial und unternehmerisch) nachhaltige Finanzinstrumente im Sinne der Offenlegungsverordnung (siehe Punkt 1.) c) Sie präferieren Finanzinstrumente, die weder als „ökologisch nachhaltig“ im Sinne der Taxonomie-Verordnung noch als „nachhaltig“ im Sinne der Offenlegungs-Verordnung eingestuft werden, bei denen aber die für Sie wichtigsten nachteiligen Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren berücksichtigt werden. Als Nachhaltigkeitsfaktoren gelten Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmerbelange, die Achtung der Menschenrechte und die Bekämpfung von Korruption und Bestechung. d) Sie präferieren eine Kombination aus den vorgenannten Finanzinstrumenten. e) Sie haben keine Präferenz für nachhaltige Finanzinstrumente. Anschließend können Sie bei Vorliegen einer Präferenz auch angeben, welchen Mindestanteil diese Investition ausmachen soll, sowie welche Parameter (z.B. quantitative Werte) herangezogen werden sollen, um die nachteiligen Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren zu ermitteln. Derartige Parameter können etwa Indikatoren aus dem Umweltbereich (z.B. Energieintensität eines Unternehmens/einer Branche, CO2-Fußabdruck usw.) oder Indikatoren aus dem gesellschaftlichen Bereich (z.B. Gender-Diversity im Vorstand, Umgang mit kontroversen Waffen usw.) sein. Wenn Sie Nachhaltigkeitspräferenzen nennen, wird Ihnen ein Finanzprodukt empfohlen, welches Ihren Nachhaltigkeitspräferenzen (Offenlegungs-Verordnung, Taxonomie-Verordnung und/oder nachteilige Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren) entspricht.

     

    Fazit


    Der Begriff der Nachhaltigkeit deckt im europäischen Rechtsrahmen verschiedene Aspekte ab – insbesondere ökologische, soziale und unternehmerische Nachhaltigkeit. In welchem Ausmaß und in welcher Ausprägung die Nachhaltigkeit bei den Finanzprodukten im Rahmen der Anlageberatung, der Portfolioverwaltung oder der Vermittlung von Versicherungsanlageprodukten berücksichtigt wird, hängt von Ihren Präferenzen ab, die Sie Ihrem Anlageberater bei Ihrem Beratungsgespräch offenlegen.
    Wenn Sie uns Nachhaltigkeitspräferenzen nennen, empfehlen wir Ihnen im Rahmen der Anlageberatung nur Finanzinstrumente/Versicherungsanlageprodukte bzw. treffen einschlägige Handelsentscheidungen in der Portfolioverwaltung, die Ihren konkreten Nachhaltigkeitspräferenzen entsprechen.
    Wenn Sie uns keine Nachhaltigkeitspräferenzen nennen, stufen wir Sie als „nachhaltigkeitsneutral“ ein. Das heißt, dass wir in die Eignungsbeurteilung bzw. in die Auswahl jener Finanzinstrumente/Versicherungsanlageprodukte, die wir Ihnen gegebenenfalls empfehlen oder im Rahmen der Portfolioverwaltung einsetzen, Ihre sonstigen Anlagepräferenzen (z.B. Risikotoleranz, Erfahrungen und Kenntnisse, Vermögensverhältnisse) einbeziehen. Die Nachhaltigkeit ist dann allerdings kein Auswahl- bzw. Ausschlusskriterium.